Verhalf einem einst das Wissen um die Nachtwache am Stadttor zu einem ruhigen Schlaf, so leisten heute so genannte Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr dasselbe. Vielmehr führen sie (um sich selbst zu legitimieren) absichtlich Verunsicherung herbei und verschmelzen zusehends mit einem 24/7-Informationsfluss, der den ruhigen Schlaf gefährdet, statt ihn zu sichern. In der heutigen Gesellschaft sollen Menschen und ihre Handlungen rund um die Uhr verwert- und kontrollierbar sein: Wachsamkeit regiert, Schlaf gilt als Hindernis. Wenn der klassische Gesellschaftsvertrag, der dem Bürger im Tausch für dessen Freiheit Schutz und Fürsorge garantierte, heute neu verhandelt werden muss, dann muss auch eine Politik des Schlafs die soziale und politische Dimension dieses Ruhezustands aktualisieren und zum Ausgangspunkt für eine Neuauflage des besagten Vertrags nehmen. So begreift die Konferenz Schlaf nicht nur als letztes Residuum der Prämoderne, sondern auch als das letzte Refugium in der Ausleuchtungsgesellschaft und rückt ihn in den Mittelpunkt einer gesellschaftlichen,
politischen und philosophischen Debatte. Kann der Schlaf als Unterbrechung im 24/7-Kontinuum zu einer Plattform für gesellschaftlichen Wandel werden? Oder droht er wie alles andere auch vereinnahmt zu werden?
Schlaf wird hier als Bewusstseinszustand thematisiert, der sich weitgehend ent-netzt vom Regime der digitalen Wachsamkeit bildet, der Raum für Wünsche, Visionen und somit für Möglichkeiten bietet. Mit anderen Worten als Tätigkeit, in der Menschen Freiheit erfahren, aber auch im Zuge derer sie Freiheit neu imaginieren, um sie im Wachzustand durch Handlungen auf politisch wirksamen Boden zu stellen. Somit bietet die Diskussion über Schlaf einen Ausgangspunkt für Debatten über Schutz- und Ent-Netzungsräume und über Taktiken sowie Politiken, diese herzustellen. Last but not least eröffnet die Schlaf-Debatte neue kritische Perspektiven auf die Ideologien der digitalen Gesellschaft.